In einem Patentrechtsstreit zwischen acht Patentinhabern und Ford ist nun durch das LG München ein erstes Urteil zugunsten des japanischen Patentverwerters IP Bridge ergangen.
Verhängt wurde ein deutschlandweites Verkaufs- und Produktionsverbot. Zwar kann Ford noch in Berufung gehen, jedoch ist das Urteil in wenigen Wochen vollstreckbar, falls die Klägerin eine Sicherheitsleistung in Höhe von ca. 230 Millionen Euro hinterlegt. Ford hat in 2021 in Deutschland ca. 130.000 Fahrzeuge verkauft hat, es geht folglich um einen Umsatz in Millionenhöhe. Weiterhin droht ein Rückruf von mit LTE-Chips ausgerüsteten Fahrzeugen und ggf. sogar eine Vernichtung der Fahrzeuge oder zumindest der darin enthaltenen Kommunikationseinheiten. Möglich ist auch, dass das Verkaufsverbot durch den Abschluss eines Lizenzvertrags und damit einer außergerichtlichen Einigung abgewendet wird.
Das Urteil ist das erste Urteil nach der Patentrechtsreform in 2021, die maßgeblich durch die Industrie forciert wurde und eigentlich darauf abzielte, die komplette Produktionsstilllegung wegen kleiner Bestandteile wie beispielsweise eines Chips zu verhindern, wie es nun im vorliegenden Fall geschehen ist.
Gerade im Mobilfunkbereich gibt es eine Vielzahl von grundlegendenden, sogenannten standardessentiellen, Patenten. Da Neuwagen seit 2018 per EU-Verordnung zur automatischen Absetzung eines Notrufs ausgerüstet sein müssen (sogenannter eCall), enthalten Fahrzeuge zwangsweise Mobilfunkchips. Jedoch werden diese Chips zunehmend auch für Entertainment- und Navigationsfunktionen verwendet.
Deutschland hat sich zu einem beliebten Ziel für Patentverletzungsklagen entwickelt, da hier vergleichsweise schnell und einfach harte Urteile oft zugunsten von Patentinhabern erzielbar sind, wodurch sich schnell und einfach Druck in Lizenzverhandlungen aufbauen lässt.
Gerade im Zuge dieser sogenannten Connected-Car-Prozesse wurden und werden eine Vielzahl von Fahrzeugherstellern von Patentinhabern und Patentverwerten aus standardessentiellen Patenten verklagt, in der Regel um die Hersteller zum Abschluss lukrativer Lizenzverträge zu zwingen. Während die Fahrzeughersteller sich oft auf den Standpunkt stellten, dass die Zulieferer für die Lizenzen verantwortlich seien, halten sich Patentinhabern und Patentverwerter lieber direkt an die Fahrzeughersteller.
So wurde Daimler durch die Nokia, Sharp und den Patentverwerter Conversant verklagt. In der Folge ergingen drei Urteile in München und ein Urteil in Mannheim gegen Daimler. Auch wenn Daimler zunächst angekündigt hatte eine endgültige Klärung der Frage anzustreben, wurde am Ende doch ein Lizenzvertrag geschlossen und der Rechtsstreit damit beigelegt. Auch VW wurde verklagt und hat daraufhin schnell eine Lizenz von der Patentlizenzplattform Avanci erworben ohne ein Urteil abzuwarten. Der Fahrzeughersteller GM hatte auch ohne den Druck einer anhängigen Klage eine Lizenz genommen.
Eine gesicherte Patentsituation und insbesondere eine gründliche und umfassende Freedom-to-operate-Analyse sind daher von entscheidender Bedeutung um teure Klagerisiken frühzeitig zu identifizieren und zu bewerten.
Quellen:
https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/news/ecall-all-new-cars-april-2018
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32015R0758