G1/19: Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts für einen breiteren Patentschutz computer-implementierter Erfindungen – insbesondere Computersimulationen
Die Entscheidung G1/19 liegt seit 10. März 2021 endlich vor. Die Große Beschwerdekammer des EPA hat entschieden, dass der üblicherweise verwendete Ansatz des EPA zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von computerimplementierten Erfindungen auch für solche Erfindungen anzuwenden ist, die sich auf computerimplementierte Simulationsmethoden beziehen.
Bemerkenswert ist, dass nunmehr bestätigt wurde, dass ein Anspruch auf eine computerimplementierte Simulation eines technischen Systems oder Verfahrens die europäischen Kriterien für erfinderische Tätigkeit auch dann erfüllen kann, wenn der Anspruch keine Merkmale beschreibt, die direkt mit einer physischen Einheit interagieren.
Dies bedeutet, dass es nicht unbedingt erforderlich ist, dass Messungen oder Steuersignale eines physikalischen Parameters oder Prozesses bei einer Computersimulationserfindung beansprucht werden müssen; die Simulation selbst kann den für den europäischen Patentschutz erforderlichen technischen Charakter aufweisen.
Insbesondere erkannte die Große Beschwerdekammer an, dass eine beanspruchte computerimplementierte Simulation ein technisches Problem lösen kann, indem sie einen technischen Effekt erzeugt, auch wenn keine direkte Verbindung zur physischen Realität vorliegt.
Bei der Patentanmeldung, die zu dieser Entscheidung der Großen Beschwerdekammer führte, handelt es sich um die europäische Patentanmeldung 03793825.5, die sich auf die Modellierung und Simulation der Bewegung eines Fußgängers durch eine Umgebung, wie etwa ein Gebäude, bezieht.